29. September 2022

Wie wissenschaftsbasierte Ziele dabei helfen, die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu überbrücken

Unternehmen aus allen Branchen setzen wissenschaftsbasierte Ziele als Hilfsmittel zur Messung und für die Berichterstellung ihrer Umweltbelastungen ein. Aber was genau sind wissenschaftsbasierte Ziele? Wie funktionieren sie? Und können sie wirklich beim Umweltschutz helfen? 

Die Science Based Targets initiative (SBTi) wurde 2015 gegründet und hilft Unternehmen dabei, sich realistische und wirkungsvolle Ziele bei der Emissionsminderung zu setzen, mit denen die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindert und gleichzeitig ein zukunftssicheres Geschäftswachstum gewährleistet werden sollen. Die Ziele gelten als „wissenschaftsbasiert“, wenn sie den aktuellen Klimaforschungsergebnissen und den Zielen des Übereinkommens von Paris entsprechen, also die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber den vorindustriellen Werten halten sollen.

Im Oktober 2021 hat die SBTi den ersten Netto-Null-Standard der Welt veröffentlicht und damit ein Rahmenwerk und Hilfsmittel für Unternehmen bereitgestellt, mit dem diese wissenschaftsbasierte Netto-Null-Ziele festlegen können. Im August 2022 gehörte Tetra Pak zu den ersten 59 Unternehmen, deren kurz- und langfristige Ziele von der SBTi geprüft und für gut befunden wurden. Wir möchten bis 2050 in der gesamten Wertschöpfungskette die Treibhausgasemissionen auf Netto-Null reduzieren. Das entspricht gegenüber dem Referenzwert aus dem Jahr 2019 einer absoluten* Reduktion von 46 % bis 2030 und 90 % bis 2050.

Oliver Edberg, Climate Manager im Biodiversity and Climate Team von Tetra Pak, erklärt, wieso Netto-Null wichtig ist, wie wissenschaftsbasierte Ziele funktionieren und was das für das Klima bedeutet. 

Welche Idee steckt hinter Netto-Null-Zielen?

Laut dem aktuellen Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) steigen die Treibhausgasemissionen trotz des 1,5-Grad-Ziels weiter an. Wir müssen also mehr tun, als nur Emissionen zu reduzieren, und uns zusätzlich darauf konzentrieren, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Darum ist Netto-Null so wichtig. Es fordert Unternehmen dazu heraus, das große Ganze unter Berücksichtigung der miteinander verflochtenen Klimaaspekte zu betrachten, statt sich nur auf die Emissionssenkung zu konzentrieren. Sie sollen Maßnahmen ergreifen, die Natur wiederherstellen, die Biodiversität schützen und Kohlenstoff aktiv entfernen.

Warum wurde ein Netto-Null-Standard überhaupt nötig?

Bevor es die SBTi gab, konnten Unternehmen selbst entscheiden, wie sie ihre Umweltbemühungen und deren Auswirkungen darstellten. Vor 2021 wurden viele Begriffe im Zusammenhang mit Emissionssenkungen genutzt – so etwa „klimapositiv“ oder „klimaneutral“. Diese Begriffe waren nicht einheitlich definiert und boten die Möglichkeit zum Greenwashing. Der Netto-Null-Standard bietet hingegen eine Blaupause für die Festlegung wissenschaftsbasierter Netto-Null-Ziele und stellt sicher, dass der private Sektor dieselben wissenschaftlichen Grundlagen und Hilfsmittel nutzt, um dieselben Ziele zu erreichen. 

Was bedeutet es, wenn die SBTi die Netto-Null-Ziele eines Unternehmens geprüft hat?

Es bedeutet, dass wir uns dem strengsten und stabilsten Rahmenwerk für Netto-Null-Emissionen verpflichtet haben. Es bedeutet, dass unsere Ziele von der SBTi auf Herz und Nieren geprüft wurden – anhand gesicherter Daten und einer sorgfältigen Methodik. Wenn die Ziele eines Unternehmens von der SBTi für gut befunden wurden, sind sie realistisch, ambitioniert und werden letztendlich dazu beitragen, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.

Wie legt Tetra Pak seine Ziele fest?

In unserem zentralen Nachhaltigkeitsteam arbeiten wir mit Vertretern aus dem gesamten Unternehmen zusammen, um herauszufinden, an welchen Stellschrauben wir drehen können, um die Emissionen zu reduzieren und das Geschäft dabei auszubauen. Wir sehen uns jedes Detail an, von den Emissionen durch Geschäftsreisen über die Energieversorgung unserer Fabriken bis hin zu unseren Produkten. Auch die Klimaauswirkungen durch unsere Zulieferer kommen auf den Prüfstand. Gemeinsam mit Zulieferern, Kunden und anderen Beteiligten der gesamten Wertschöpfungskette bestimmen wir dann, welche dieser Stellschrauben am wichtigsten sind – und wie weit wir sie drehen können. 

Wie wird die zukünftige Zusammenarbeit mit der SBTi aussehen?

Die Forschung steht nicht still. Das wirkt sich auch auf die Ziele aus. Bei der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 hat die Staatengemeinschaft beschlossen, die globale Erwärmung auf 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. 2018 meldete der IPCC, dass eine Senkung von 2 auf 1,5 °C einen großen Unterschied für den Anstieg des Meeresspiegels und den Verlust der Biodiversität macht, sodass die Zielvorgabe auf 1,5 °C geändert wurde. Die SBTi verfolgt die laufenden Forschungsergebnisse genau. Wir werden eng mit der Initiative zusammenarbeiten, damit wir uns stets die ambitioniertesten und aussagekräftigsten Ziele mit einer möglichst umfassenden Auswirkung setzen. 

Was empfehlen Sie Unternehmen, die eine Nutzung wissenschaftsbasierter Ziele in Erwägung ziehen?

Als Gesellschaft möchten wir alle in einer Welt leben, die nicht unter den dramatischsten Folgen des Klimawandels zu leiden hat. Darum ist es wichtig, das eigene Unternehmen so aufzustellen, dass es das 1,5-Grad-Ziel einhalten kann. Häufig ergibt sich daraus die Chance, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Die SBTi zeigt, wie die erforderliche Dekarbonisierung funktioniert. Die Unternehmen müssen also nicht endlos darüber diskutieren, welche prozentuale Reduzierung ambitioniert ist. Die Anzahl der Unternehmen, deren Ziele von der SBTi abgesegnet wurden, wächst immer weiter und schneller an. Wer ein solches Ziel hat, kann glaubwürdig mit Zulieferern und Kunden daran arbeiten, die für die Erde dringend benötigte Dekarbonisierung voranzutreiben.   

* Absolute Emissionen in den Scopes 1, 2 und 3: Scope 1 deckt direkte Emissionen ab, die an unternehmenseigenen oder vom Unternehmen kontrollierten Quellen entstehen. Scope 2 sind indirekte Emissionen, die bei der Erzeugung der vom berichtenden Unternehmen gekauften Energie (Strom, Dampf, Heizung und Kühlung) entstehen. Scope 3 umfasst alle anderen indirekten Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens anfallen.

Weitere Informationen zum Nachhaltigkeitswandel in unserem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht

Was sind die vier wichtigsten Anforderungen des Netto-Null-Standards?

1.     Deutliche Emissionssenkungen in der Wertschöpfungskette in den Vordergrund stellen

 

2.     Kurz- und langfristige Ziele setzen

 

3.     Keine Netto-Null-Behauptungen ohne Erfüllung der langfristigen Ziele

 

4.     Maßnahmen über die Wertschöpfungskette hinaus ergreifen, zum Beispiel durch Investitionen außerhalb der wissenschaftsbasierten Ziele des Unternehmens 

 

 

Tetra Pak, Rubiera (Italien); Drohnenaufnahme von Baywa.re

Tetra Pak Werk

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