Herausforderungen als Chancen nutzen – in Nicaragua

Die Milchwirtschaft in Nicaragua muss viele Herausforderungen bewältigen. Doch im Rahmen einer Zusammenarbeit mit einem engagierten Milchverarbeiter und der Unterstützung von Tetra Pak, Tetra Laval Food for Development, DeLaval und der Partner-NGO Venture Dairy konnten Konsumenten mit lokal produzierter, hochwertiger Milch versorgt und der Lebensunterhalt kleiner Milchbauern gesichert werden.

Lokale Herausforderung

Nicaragua ist das ärmste Land Mittelamerikas und steht vor großen gesellschaftlichen Problemen wie Mangelernährung und einem geringen Bildungsniveau der Bevölkerung. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze – obwohl das Land reich an Bodenschätzen ist. Die Bedingungen für die lokale Lebensmittelproduktion und eine nachhaltige Milchwirtschaft sind in einigen Regionen äußerst schwierig: Zu den größten Herausforderungen gehören lange Trockenzeiten, eine mangelhafte Infrastruktur, schlechte Milchqualität und eine unzureichende Kühlkette.

Saisonale Schwankungen in der Milchproduktion führen während der Trockenzeiten zu einem Rückgang und während der Regenzeit zu einem Überschuss. Nicaragua ist eines der wenigen Länder Mittelamerikas, das zu bestimmten Jahreszeiten mehr Milch produziert, als es benötigt. Außerdem wird das Vieh nicht ausschließlich für die Milchproduktion genutzt. Die Unterschiede in der Milchproduktion haben zu starken Preisschwankungen geführt. Eine schlechte Milchqualität macht es für milchverarbeitende Betriebe schwierig, kontinuierlich hochwertige Milchprodukte an den Kunden zu liefern.

Laut dem Landwirtschaftsministerium wuchs die Milchproduktion zwischen 2006 und 2011 um 21,1 % an. 2012 wurden insgesamt 779 Mio. Liter produziert. Allerdings wurden davon nur 56 % offiziell gesammelt. Der inländische Milchverbrauch gehört zu den niedrigsten in der Region, sodass die Branche sich auf die Ausfuhr von UHT-Milch (H-Milch) konzentriert. Die Exporte sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Das bedeutet auch, dass die Nachfrage nach hochwertiger Milch weiter ansteigen wird. Davon profitieren auch die Verbraucher vor Ort, da sicher verarbeitete Milch verfügbarer wird.

Einführung aseptischer Technologie

Der Milchverarbeiter Centrolac ist ein Kunde von Tetra Pak in Nicaragua und war das erste milchverarbeitende Unternehmen im Land, das H-Milch und verpackte Milch auf den Markt gebracht hat. Da es im Land keine Kühlkettenlogistik gibt und es zu saisonalen Schwankungen in der Milchproduktion kommt, ermöglicht die UHT-Technologie eine sichere Distribution für bis zu 6 Monate ohne Einsatz von Konservierungsmitteln oder Kühlung. „Wir möchten unsere Produktion steigern und die Milchqualität verbessern. Auf diese Weise werden mehr Menschen ganzjährig Zugang zu lokal produzierter, hochwertiger Milch erhalten. Gleichzeitig wird die Existenzgrundlage der Milchbauern vor Ort verbessert“, erklärt Alfredo Lacayo, CEO von Centrolac.

An einem Strang ziehen

Wir beteiligen uns an Projekten für Molkereizentren, damit unsere Kunden langfristig lokal produzierte, hochwertige Milch beziehen können und Kleinbauern Zugang zu offiziellen Märkten erhalten. Durch die Bereitstellung von Schulungen für Landwirte und den Aufbau einer geeigneten Kühlinfrastruktur und ‑technologie wird das Angebot an lokal produzierter Qualitätsmilch erhöht.

Centrolac steht im Zentrum eines Molkereizentrum-Projekts, das von Tetra Pak, Tetra Laval Food for Development, DeLaval sowie der US-NGO Venture Dairy unterstützt wird. 2011 begannen wir Gespräche mit Centrolac, die zu einer formellen Kooperationspartnerschaft zwischen den beteiligten Unternehmen führten.

Höhere Produktivität für Kleinbauern

Die durchschnittliche Milchproduktion pro Kuh und Tag wird auf 2 bis 10 kg geschätzt. Das liegt deutlich unter den Werten in stärker entwickelten Märkten. Das Ziel des Molkereizentrum-Projekts ist es, die Produktion zu verdoppeln und so die Rentabilität für die Bauern zu steigern. „Für das erste Jahr hatten wir uns das Ziel gesetzt, 20 Höfe zu finden, die die Dienste des Zentrums nutzen wollten. Und wir haben es erreicht“, berichtet Stefan Bergstrand, Dairy Expert bei DeLaval und Food for Development. „Diese Höfe dienen als Modellreferenz und zeigen, wie die Milchproduktion pro Kuh gesteigert und die Milchqualität verbessert werden kann. Wir führen praxisnahe Schulungen durch und beraten bei Fütterung, Hygiene und Tiergesundheit. Schon jetzt interessieren sich Kooperativen für eine Zusammenarbeit mit dem Zentrum, und zwar auf zentraler Ebene, um die eigenen Mitglieder unterstützen zu können“, ergänzt Bergstrand.

Milchbauer in Nicaragua

Lokaler Milchbauer in Nicaragua

Milchsammlung

Milchsammlung

Trotz des saisonalen Milchüberschusses in Nicaragua ist der Inlandsverbrauch gering. Der Start eines Schulmilchprogramms in Kombination mit der Entwicklung der Milchwirtschaft ist eine Möglichkeit, eine Win-Win-Lösung zur Unterstützung der Milchwirtschaft zu erzielen und den lokalen Milchkonsum zu fördern. Die Gewöhnung an den Konsum von hochwertiger Milch und die Verbesserung der Gesundheit und Ernährung von Schulkindern ist ein erfolgreiches Modell für die Schaffung eines Marktes für verarbeitete und verpackte Milch.

Die Einrichtung der Molkereizentren hat für die teilnehmenden Kleinbauern und Centrolac zu großartigen Ergebnissen geführt. Innerhalb von 12 Monaten ist der durchschnittliche Milchertrag pro Kuh und Tag in der Region Acopaya von 3,2 auf 5,8 Liter angestiegen – eine Zunahme von 81 %. Das Gewicht der Kälber stieg von 107 auf 240 kg an, also um 124 %. Die Milchqualität (Güteklasse) nahm gegenüber dem Referenzwert von 6,4 % um 81 % zu.

Laut dem National Institute of Agriculture Technology (INTA) stieg die Milchproduktion zwischen 2013 und 2018 um 7,5 % pro Jahr an. Im Durchschnitt wuchs die Anzahl der Milchkühe in Nicaragua zwischen 2013 und 2018 um 7,6 % pro Jahr.